Gastbeiträge

Wie wird unsere Wahrnehmung durch das Leben im Simultanraum geprägt? Ich habe dazu Menschen aus verschiedenen Bereichen gefragt. Hier sind ihre Meinungen, persönliche Geschichten, Bilder und Werke...und ganz verschiedene Sichtweisen darauf, welche Dimensionen der Simultanraum beinhaltet.

 

HElmuth Hager:

Reale Simultanräume - Zeitliche Simultanräume - Geistige Simultanräume

Lebt der Mensch nicht permanent in sog. Simultanräumen?

 

Reale Simultanräume - Zeitliche Simultanräume - Geistige Simultanräume

 

Zeitliche Simultanräume sind fließend und verändern sich durch nicht vorhersehbare Dauer und Intensität der Jahreszeiten. Was einmal Zukunft war ist heute Gegenwart oder vielleicht auch schon Vergangenheit.

 

Flugzeugcrews z.B. sind permanent diesem Problem ausgesetzt. Sie wandern in kürzester Zeit von einem Zeitraum in einen anderen. Sie wandern von Nacht in eine regional andere Nacht oder von Tag in einen regional anderen Tag usw. Der gewohnte lokale zeitliche Rhythmus von Tag und Nacht ist aufgehoben.

 

Der Mensch als ambivalentes Wesen lebt zudem auch in eigenen geistigen Simultanräumen.

 

Sehnsucht - Ablehnung

Kreativität - Erschöpfung

Freude - Trauer usw.

 

Solche gegensätzliche Gegebenheiten sind gleichzeitig auf verschiedenen Ebenen zu bewältigen.

 

Dies war natürlich schon immer so.

Hinzu kommen heute aber die neuen digitalen Medien und ihre Möglichkeiten, die wir nutzen und mit denen wir uns in „scheinbar neuen Realitätsebenen“ eingerichtet haben.

Werbung! Computer!

Wir erschaffen uns Traum- oder Idealwelten, in denen wir uns als Superstars, als Übermenschen darstellen und investieren dafür z.T. mehr Zeit als in unser reales Leben. Es scheint so, als hätte ein Smiley für uns Menschen inzwischen einen größeren Stellenwert als eine Streicheleinheit für ein Kind oder einen alten Menschen! Die scheinbar positiven, sozialen Kontakte enden im Gegenteil, in sozialer Isolation!

 

Helmuth Hager

Künstlerisches Beispiel: LICHTVOGEL  -  SCHATTENVOGEL, 2011

Lichtinstallation, zeitliche Simultanzustände/Simultanräume

www.panart-gallery.de

 

Thomas Glatz:

Google-Poem

Zwei Fragen

 

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Thomas Glatz, 1970 geboren, lebt und arbeitet in München. Er studierte Sozialarbeit in Landshut und Bamberg und Bildende Kunst an den Kunstakademien in München und Helsinki. Er ist Künstler und Schriftsteller und leitet seit 2000 das "Archiv für Gebrauchs- und Benutztexte". Zahlreiche Ausstellungen und Buchveröffentlichungen.

www.thomasglatz.de

 

Monika Eifert-Wirth

Unsere Wahrnehmung der Wirklichkeit wird facettenreicher....

Jeder Mensch hat einen ersten Eindruck, er ist spontan und unmittelbar.

Im Simultanraum können wir einen Perspektivenwechsel vornehmen – uns einen zweiten Blick gönnen und dadurch zusätzliche Perspektiven erschließen. Unsere Wahrnehmung der Wirklichkeit wird facettenreicher und ermöglicht eine distanzierte aber trotzdem empathische Interpretation des Erlebten.

Das ist für mich Teil erfolgreichen Lernens und Persönlichkeitsentwicklung - der Simultanraum bietet eine optimale Voraussetzung bzw. Ergänzung.

 

Monika Eifert-Wirth, Dipl.-Psychologin und Unternehmensberaterin

 

Gabriele Sommer:

Wellenreiter

Regentropfen auf offenem Meer

Impulse auf schwingender Haut

Kaskaden aus Kraft

im wechselnden Spiel

verstärken vernichten                                                     

Existenz in Gezeiten -

an der Grenze

verschwimmen Subjekt und Objekt

im Taumel gegenläufiger Wellen

interferentes Ich                                                                

 

Wellenreiter Ich

in der Raumkurvenbrandung

die der Kosmos an den Erdstrand spült

türmt das Universum sich auf

wogende Kathedrale                                                       

aus Kraftlinien, Parabeln, Hyperbeln

vierdimensional schwingende Felder

ein lebendiges Meer

in dem Sterne tanzen wie Plankton

das Ich ein Quant                                                 

 

fluktuierendes Ich

der Zeitmesser schlägt innen

das Zentrum geht im Takt

ein Impuls treibt alles an

spontan                                                                           

fällt die Karte zur Zukunft

dreht der Kartenfall die Vergangenheit um

ein Impuls schreibt alles neu

die Zeit schlägt zu

das Ich ist nicht konform                                                

 

Zerrbruchstelle Ich

am Synapsenknoten

der Sprung

in eine andere Bahn

in ein anderes Ich                                                            

im Wimperschlag

in eine andere Welt –

 

weiter als eine Galaxie entfernt

jenseits der Datengrenze

das verlassene Ich                                                           

 

Gabriele Sommer, Autorin und Mitbegründerin des Lyrikkreis Murnau.

www.lyrik-murnau.de

 

 

 

Gabriele Hager:

Simultanräume

 

 

 

 

 

 

 

 

Helmuth Hager

Dinge fallen aus der Zeit

Öl /Malkarton

2008

Simultanräume
wir leben mit der zeit in dieser zeit
in diesem augenblick
dennoch verfließen alle dinge
und scheinen manchmal nur
was wirklich sie auch sind
im labyrinth von trug und schein
als beutetier gefangen
wird wirklichkeit zur illusion
wir sind vernetzt im raum
und folgen vielen spuren
hinterlassen zeichen bei allem tun
in schleifen kreisen wiederholungen
verlieren sich ereignisse
in immer neuem trügerischem spiel
die gegenwart scheint nah
und ist verflossen
eh sie den nächsten tag erreicht
so ändert sich
mit unserm blick die zeit
und das danach wird ein davor        
Gabriele Hager

Gabriele Hager, Autorin und Mitglied im Lyrikkreis Murnau:

„In der Vielschichtigkeit unserer Welt versuche ich in wenigen Worten meine Gedanken festzuhalten, um Gefühltes, Erspürtes und Erfahrenes auszudrücken und zu ordnen."

 

Poetische Bilder und Malerei - Gabriele und Helmuth Hager haben bereits in mehreren Ausstellungen und Publikationen, z.B. PAARLAUF (2015), Lyrik und Malerei zu einem Gesamtkunstwerk zusammengeführt.

 

www.wortkunst-galerie.de

www.lyrik-murnau.de